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Wählen und gewählt werden III

Übers Wählen und seine Tücken, wenn man auf Barrierefreiheit angewiesen ist, habe ich schon gebloggt. Gestern nun war ich im Bundestag, in einer Anhörung der Sachverständigen zum Thema "Wahlrecht für Betreute" (so hieß das  wirklich).
“Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.”
So steht es in unserem Grundgesetz in Artikel 38 Absatz 2. Und auch die Website des Deutschen Bundestags in Leichter Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten sagt:
“ Wer über 18 Jahre alt ist, darf die Abgeordneten wählen.” 
Das stimmt so nicht ganz, denn unser Wahlgesetz sieht in § 13 einen Wahlausschluss vor:
“Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist,
2. derjenige, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst,
3. wer sich auf Grund einer Anordnung nach § 63 in Verbindung mit § 20 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus befindet.”
Dieser pauschale Wahlausschluss ist menschenrechtswidrig, weil er Inklusion, also die gleichberechtigte Teilhabe – in diesem Falle an Politik – verhindert.



Die Behindertenrechtskonvention greift damit die politischen Rechte des UN-Zivilpakts, die für alle Menschen gelten, auf und fordert die Staaten auf, dafür zu sorgen, dass sie auch Menschen mit Behinderungen genießen können, gegebenenfalls mit Unterstützung.

In der Realität führt das zu Herausforderungen – sowohl in der Praxis der Betreuung als auch in der Ausgestaltung des Wahlrechts.

Dennoch haben sich die Mehrheit der Sachverständigen (und unter denen waren nicht nur Grüne-Tisch-Experten, sondern auch Praktiker) für ein inklusives Wahlrecht ausgesprochen. Ein Grund war dabei, dass die Vormundschaftsgerichte oft zu wenig Zeit haben, einen Menschen, der eine Betreuung für bestimmte Angelegenheiten braucht, zu beurteilen und es dann oft vorschnell zu einer Betreuung in allen Angelegenheiten und damit zu einem pauschalen Wahlrechtsausschluss kommt. Eine interessante Zahl war dabei, dass die MitarbeiterInnen der Lebenshilfe-Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen einschätzen, dass von 240 vom Wahlrecht ausgeschlossenen Menschen ungefähr die Hälfte das Wahlrecht gern nutzen würden.

Dennoch gibt es keine Streichung des Wahlrechtsausschluss vor der Bundestagswahl 2013, wie es Grüne und SPD fordern. Man will noch das Ergebnis einer Studie abwarten, die laut Nationalem Aktionsplan (S. 187) 2012 bereits fertiggestellt sein sollte. Diese Studie zur politischen Teilhabe wird jetzt im 3. Quartal 2013 in Auftrag gegeben und soll dann eine Laufzeit von 18 Monaten haben.

"Wir brauchen erstmal ne Studie zur Teilhabe..." Das habe ich im Ausschuss für Arbeit und Soziales vor ein paar Monaten schon mal gehört.

Ich finde, wir brauchen erst mal Teilhabe.

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