Samstag, 12. Februar 2022

Selbstbestimmung - das Original

Liebe Leserinnen und Leser,

im Zusammenhang mit der aktuell umzusetzenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht wird immer wieder als Begründung (der Ablehnung) auf das "Recht auf ein selbstbestimmtes Leben" verwiesen. So auch wie hier der Oberbürgermeister von Kamenz:

Selbstbestimmt leben - das ist ein Begriff aus der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Dort heißt es in Artikel 19: 

"Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens anerkennen das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Inklusion in der Gemeinschaft und Partizipation an der Gemeinschaft zu ermöglichen, indem sie unter anderem gewährleisten, dass

a) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben; 
b) Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer Reihe von kommunalen Unterstützungsdiensten zu Hause und in Einrichtungen sowie zu sonstigen kommunalen Unterstützungsdiensten haben, einschließlich der persönlichen Assistenz, die zur Unterstützung des Lebens in der Gemeinschaft und Inklusion in der Gemeinschaft sowie zur Verhinderung von Isolation und Segregation von der Gemeinschaft notwendig ist; 
c) Dienste und Einrichtungen in der Gemeinde für die Allgemeinheit Menschen mit Behinderungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung zur Verfügung stehen und ihren Bedarfen Rechnung tragen."

Schwellen zum "barrierefreien" Wahllokal
Wenn also ein Oberbürgermeister einer Stadt, in der es kein einziges barrierefreies Restaurant, kein einziges barrierefreies Hotelzimmer, nicht wirklich barrierefreie Wahllokale, ein Schulfest ohne Förderschüler und ein Impfzentrum gibt, in dem erst Barrierefreiheit eingefordert werden muss und der auf die Forderung nach mehr Sichtbarkeit behinderter Menschen im Stadtbild antwortet: "Meine 90-jährige Mutter geht auch nicht mehr alleine vor die Tür.", wenn also dieser OB von einem "selbstbestimmten Leben" spricht, dann meint er nicht das Original. Dann meint er nicht Gleichberechtigung für alle. Sondern das Nach-dem-Mund-Reden von 1% der sächsischen Einwohner, denen es nicht um Gleichberechtigung geht.

"Selbstbestimmt leben" - das geht nur mit Gleichberechtigung. Das geht nur im Original.

"Heute Nachmittag Café Klostertor?"

Liebe Leserinnen und Leser, "Heute Nachmittag Café Klostertor?", war die Reaktion meiner Schulleitung, als ich ihr in dieser Woche...