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Das wichtigste Wort in der Behindertenrechtskonvention ist nicht Inklusion, sondern...

Meine Kolleginnen und Kollegen von der Stadtteilzeitung Steglitz-Zehlendorf (einer der 12 Stadtbezirke Berlins) haben mich gebeten, meine Sichtweise zum Schwerpunktthema "Inklusion", das in der Märzausgabe behandelt wird, darzustellen.

Also bitte:

Inklusion bedeutet - wörtlich übersetzt - Einschluss. Inklusiv ist eine Gesellschaft, die die gleichberechtigte Teilhabe und aktive Partizipation aller Menschen ermöglicht.

Und da beginnt dann schon das erste Missverständnis:
"Inklusion ist das wichtigste Wort in der UN-Behindertenrechtskonvention." 
Nein. Inklusion ist ein Wert, ein Prinzip in der Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (so heißt sie wirklich), um das zu erreichen, worum es in dieser Konvention eigentlich geht: Gleichberechtigung. Andere Werte und Prinzipien, die auch meist zu wenig mitgedacht  werden, wenn es um Inklusion geht, sind: Partizipation, Barrierefreiheit, Selbstbestimmung, Nichtdiskriminierung, angemessene Vorkehrungen und Würde.

Missverständnis Nr. 2:
"Inklusion muss man einfach leben."
Nein. Inklusion setzt voraus, dass wir alle um die unterschiedlichen, eben (noch) nicht gleichberechtigten Zugänge zur physischen Umwelt, zu Informationen, zu Kommunikation, Kultur, Gesundheit, Arbeit und Bildung wissen. Denn erst, wenn ich um diese strukturellen, baulichen, informationellen und einstellungsbedingten Barrieren weiß, kann ich sie abbauen - und dadurch Gleichberechtigung ermöglichen. Wenn ich das will.

Und schließlich noch dieser Satz, der gern von Politikerinnen und Politikern verwendet wird:
"Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe."
Dem Satz stimme ich zwar zu, aber ich nehme ihn den meisten Politikerinnen und Politikern nicht ab, denn:

Warum wird dann der Sonderfahrdienst, den das Land Berlin vorhält, nicht auch von allen Verkehrsunternehmen und dem Land Berlin mitfinanziert?
Warum machen wir dann nicht aus der Ausgleichsabgabe nach § 77 SGB IX, die Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitenden zahlen, einen Inklusionsfonds, in den alle Betriebe einzahlen?
Warum gibt es dann nicht klare Vorgaben für Barrierefreiheit für kulturelle Großveranstaltungen - wie derzeit die Berlinale? Lediglich 3 der ca. 440 angebotenen Filme werden mit Audiodeskription, also mit zusätzlichen Beschreibungen für blinde Menschen angeboten.

Letzte Aussage zum Thema Inklusion, die auch nicht stimmt:
"Mit den Menschen mit Behinderung zusammen wollen wir Nachteile und Barrieren beseitigen, ohne neue Privilegien zu schaffen... Es geht darum, für alle Menschen einen gleichen und gleichartigen Zugang zu Unterstützungsstrukturen und Sicherungssystemen zu gewährleisten."
Nachteilsausgleiche, hier als "Privilegien" bezeichnet - welche waren das doch gleich? Die 5 Tage Zusatzurlaub, auf die ca. 15% der schwerbehinderten Menschen einen Anspruch haben?

Nachteilsausgleiche sind keine Privilegien.
Und auch die Behindertenrechtskonvention soll und will ausdrücklich keine Privilegien schaffen, sondern Gleichberechtigung.

Gleichberechtigung - meint nicht Gleichheit. Gleichheit würde das bedeuten:


Wo ich die Aussage zu "Privilegien" behinderter Menschen gelesen habe?
In einem Beschluss des Parteivorstands der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.

Kommentare

  1. In Erfurt wurden gerade die Gebärdensprachdolmetscher von der Stadtratssitzung im Stream gestrichen... http://www.meinanzeiger.de/erfurt/politik/fehlender-erfurter-haushalt-verhindert-barrierefreiheit-d46820.html/action/recommend/1/send/1/#form

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