Was für eine Woche!
Am Montag eine Fortbildung zur Internationalen Klassifikation von Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit - kurz ICF. Wie ermittelt man Unterstützungsbedarf in einem bio-psycho-sozialen Modell von Behinderung? Zeitgemäßer wäre allerdings die Frage:
Am Montag eine Fortbildung zur Internationalen Klassifikation von Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit - kurz ICF. Wie ermittelt man Unterstützungsbedarf in einem bio-psycho-sozialen Modell von Behinderung? Zeitgemäßer wäre allerdings die Frage:
Wie ermittelt man Unterstützungsbedarf in einem menschenrechtlichen Modell von Behinderung?
Am Dienstag dann ein Treffen mit der Agentur für Arbeit. Und das war ernüchternd. Mir ist der Übergang von der Schule in den Arbeitsmarkt wichtig. Dort werden die Weichen für ein inklusives Arbeitsleben gestellt. Oder auch nicht. Da ist der Fall eines gehörlosen jungen Mannes, den habe ich auf Twitter mal so skizziert:
https://twitter.com/teilhabebewegt/status/918801818343309312
"Med. Gutachten der Arbeitsagentur fordert "Arbeitserprobung" in Einrichtung XY, die wiederum feststellt, dass eine Grundausbildung bei XY das Beste sei - das alles bei zugesagtem betrieblichen Ausbildungsplatz. #findedenfehler"
Das Maß der Rechte aus der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen sind die Rechte der Menschen ohne Behinderungen. Würde bei einem Schulabgänger ohne Behinderungen, der einen Schulabschluss und damit Ausbildungsreife und zugesagten Ausbildungsplatz hat, die Agentur für Arbeit den Ausbildungsvertrag platzen lassen mit der Begründung: "Du schaffst das möglicherweise nicht, geh lieber in eine Einrichtung außerhalb des Arbeitsmarktes."?
Und was macht es mit den Betrieben, die Menschen mit Behinderung ausbilden und einstellen wollen, wenn Ihnen genau das so schwer gemacht wird? Wenn Zeit für Gutachten und Arbeitserprobungen die geplante Ausbildung immer weiter verzögern? Ohne die Bereitschaft und Öffnung der Betriebe wird es keinen inklusiven Ausbildungs- und Arbeitsmarkt geben.
Eine andere Frage, die mich beschäftigt, sind die Jugendberufsagenturen. Sie sollen ausdrücklich auch jungen Menschen mit Behinderung offen stehen, außer, die Jugendlichen "brauchen besondere Hilfen", so erfuhr ich am Dienstag. Dann bleibt die Rehaberatung der Arbeitsagentur zuständig.
Und schließlich ist da noch die Initiative Inklusion, ein Arbeitsmarktprogramm des Bundes, das auch Anteile von Berufsorientierung für Schulabgänger mit Behinderung enthielt. Zum Schuljahresende 2016/17 beendet. Stattdessen sollen jetzt die Berliner Schulen selbst qualifiziert werden, Berufsorientierung für alle Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen durchzuführen.
Ja, was denn nun? Für die einen externe Einrichtungen, für die anderen machen es mal eben die Lehrer mit?
Wieso ist es so schwierig, dass junge Menschen mit Behinderung am Übergang Schule - Berufsausbildung kompetente Unterstützung dort bekommen, wo sie sie benötigen? In der Schule, im betrieblichen Praktikum, in der betrieblichen Ausbildung? Wieso werden Prozessergebnisse wie die aus einer zweijährigen Berufsorientierung geringer bewertet als die Ergebnisse punktueller Gutachten?
Wieso haben Menschen auf dem ersten Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nicht die gleichen Unterstützungsmöglichkeiten wie Menschen in außerbetrieblichen Einrichtungen?
Nur so kann Inklusion funktionieren und das lässt sich auch auf den gesamten Schulbereich übertragen - gleiche Angebote an Barrierefreiheit und Unterstützungsleistungen in allen Schulen und Berufsschulen, wenn sie benötigt werden. Nur so funktioniert Inklusion.
Gemeinsam mit Menschen ohne Behinderungen. Genauso wie Menschen ohne Behinderungen.
Denn das allein ist der Maßstab.
P. S. Als ich mich in dieser Woche mit Frau Prof. John über dieses Thema unterhielt, sagte sie: "Frau Pohl, da muss doch was getan werden. Machen Sie doch den Luther!" Einen schönen Reformationstag uns allen!
Am Dienstag dann ein Treffen mit der Agentur für Arbeit. Und das war ernüchternd. Mir ist der Übergang von der Schule in den Arbeitsmarkt wichtig. Dort werden die Weichen für ein inklusives Arbeitsleben gestellt. Oder auch nicht. Da ist der Fall eines gehörlosen jungen Mannes, den habe ich auf Twitter mal so skizziert:
https://twitter.com/teilhabebewegt/status/918801818343309312
"Med. Gutachten der Arbeitsagentur fordert "Arbeitserprobung" in Einrichtung XY, die wiederum feststellt, dass eine Grundausbildung bei XY das Beste sei - das alles bei zugesagtem betrieblichen Ausbildungsplatz. #findedenfehler"
Stimmt die Richtung? Kompass auf Holzfläche |
Das Maß der Rechte aus der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen sind die Rechte der Menschen ohne Behinderungen. Würde bei einem Schulabgänger ohne Behinderungen, der einen Schulabschluss und damit Ausbildungsreife und zugesagten Ausbildungsplatz hat, die Agentur für Arbeit den Ausbildungsvertrag platzen lassen mit der Begründung: "Du schaffst das möglicherweise nicht, geh lieber in eine Einrichtung außerhalb des Arbeitsmarktes."?
Und was macht es mit den Betrieben, die Menschen mit Behinderung ausbilden und einstellen wollen, wenn Ihnen genau das so schwer gemacht wird? Wenn Zeit für Gutachten und Arbeitserprobungen die geplante Ausbildung immer weiter verzögern? Ohne die Bereitschaft und Öffnung der Betriebe wird es keinen inklusiven Ausbildungs- und Arbeitsmarkt geben.
Eine andere Frage, die mich beschäftigt, sind die Jugendberufsagenturen. Sie sollen ausdrücklich auch jungen Menschen mit Behinderung offen stehen, außer, die Jugendlichen "brauchen besondere Hilfen", so erfuhr ich am Dienstag. Dann bleibt die Rehaberatung der Arbeitsagentur zuständig.
Und schließlich ist da noch die Initiative Inklusion, ein Arbeitsmarktprogramm des Bundes, das auch Anteile von Berufsorientierung für Schulabgänger mit Behinderung enthielt. Zum Schuljahresende 2016/17 beendet. Stattdessen sollen jetzt die Berliner Schulen selbst qualifiziert werden, Berufsorientierung für alle Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen durchzuführen.
Ja, was denn nun? Für die einen externe Einrichtungen, für die anderen machen es mal eben die Lehrer mit?
Wieso ist es so schwierig, dass junge Menschen mit Behinderung am Übergang Schule - Berufsausbildung kompetente Unterstützung dort bekommen, wo sie sie benötigen? In der Schule, im betrieblichen Praktikum, in der betrieblichen Ausbildung? Wieso werden Prozessergebnisse wie die aus einer zweijährigen Berufsorientierung geringer bewertet als die Ergebnisse punktueller Gutachten?
Wieso haben Menschen auf dem ersten Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nicht die gleichen Unterstützungsmöglichkeiten wie Menschen in außerbetrieblichen Einrichtungen?
Nur so kann Inklusion funktionieren und das lässt sich auch auf den gesamten Schulbereich übertragen - gleiche Angebote an Barrierefreiheit und Unterstützungsleistungen in allen Schulen und Berufsschulen, wenn sie benötigt werden. Nur so funktioniert Inklusion.
Gemeinsam mit Menschen ohne Behinderungen. Genauso wie Menschen ohne Behinderungen.
Denn das allein ist der Maßstab.
Lutherstatue |
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