Direkt zum Hauptbereich

Anlegestellen und Annehmlichkeiten - Docks and Conveniences

Heute sind Fürst Albert von Monaco und seine Frau Charlène zu Gast in Berlin. Und zum Programm gehörte auch, dass sie auf einem Dampfer die Spree entlang schipperten.

Auch ich hatte am Wochenende Gäste und sie hatten sich gewünscht, mit mir auf einem Dampfer die Spree entlang zu fahren. Also erkundigte ich mich nach barrierefreien Schiffen der Stern- und Kreisschifffahrt Berlin: 2 der 31 Fahrgastschiffe werden als barrierefrei / behindertengerecht bezeichnet (weil auch Lift zum Oberdeck vorhanden), 2 weitere Schiffe werden als behindertenfreundlich bezeichnet (rollstuhlgerechte Toilette und Außensitzplätze). Eines davon heißt "Sanssouci", also "ohne Sorge", und mit eben diesem schipperte das Fürstenpaar über die gute, alte Spree.


Nun nahm ich am Samstag in meinem "jugendlichen Leichtsinn" an, dass, wenn das Schiff rollstuhlgerecht ist, es die Anlegestellen auch sein müssten. Doch weit gefehlt: lediglich 5 der insgesamt 80 Anlegestellen der Berliner Schifffahrtsgesellschaft sind rollstuhlzugänglich. Und so fiel meine Bootsfahrt am Wochenende buchstäblich ins Wasser, denn die von mir gewählte Anlegestelle gehörte zu den 75.

5 von 80 Anlegestellen sind rollstuhlzugänglich - und im Prospekt der Stern und Kreis Schifffahrt GmbH kann man lesen "Eine Sache, die uns am Herzen liegt! Berlin befindet sich auf dem Weg zu einer barrierefreien Stadt." 
Ich frage mich, würde irgendein Geschäftsführer oder Unternehmer sagen "Wir sind auf dem Weg zur Chancengleichheit von Männern und Frauen", wenn 94% aller Arbeitsplätze / Führungspositionen von Männern besetzt sind? Oder ist ein Unternehmen auf dem Weg zur Vollzeitbeschäftigung, wenn 94 % aller Arbeitsplätze Teilzeitarbeitsplätze sind? Wie sehr liegt einem dieses Anliegen dann am Herzen?


Und bevor ich mich ganz aufrege: es geht auch anders. Um die Ecke hat der Besitzer eines Restaurants gewechselt und alles neu renoviert, das Restaurant heißt jetzt "Bonnie and Clyde". Heute habe ich den neuen Besitzer nach dem Vorhandensein einer rollstuhlgerechten Toilette gefragt und man bot mir bereitwillig einen kleinen Rundgang an: aus drei Toiletten hat man zwei größere gemacht, die dadurch beide auch für Rollstuhlfahrer nutzbar sind. Und die auch noch in einer meiner Lieblingsfarben gestrichen sind: lila. Toiletten, die nicht als Abstellraum genutzt werden, sondern große, ansprechende, saubere Räumlichkeiten. Toll!

Und schließlich zeigte man mir auch noch die Herrentoilette mit blankpolierten weißen Pissoirs und einer gepolsterten Wandfläche etwa einen Meter über den Pissoirs. Auf meinen fragenden Blick erklärte mir der Restaurantbesitzer: "Wegen der Bequemlichkeit, zum Kopfanlehnen - sowas wollte ich schon immer mal haben."

Barrierefreiheit, Bequemlichkeit und Chic - das geht eben doch zusammen, so wie Bonnie und Clyde.

Kommentare

  1. Diese Seite hier gefällt mir, ist so aus dem Alltag gegriffen und irgendwie so normal.....
    Ist schon mühsam sich seine Träume zu verwirklichen, wenn einem überall Stufen in den Weg gelegt werden.
    Doch ich wünsche dir noch viele Ideen die auch gelingen-
    lg Helo

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Vielen Dank, Helo, für die guten Wünsche! Uns allen heute einen kreativen Tag!

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kann ein UNESCO-Schulfest heute noch exklusiv sein? Oder wollen "die" wirklich nicht?

Der Festzug aus der Perspektive hinter der Absperrung.  Morgen ist es wieder so weit. Die Kamenzer Schülerinnen und Schüler ziehen mit Blumen und in festlicher weißer Kleidung durch die Kamenzer Innenstadt, um das Forstfest, DAS sächsische Heimat- und Schulfest, zu begehen. Das Forstfest geht auf eine Legende zurück, bei der Kinder in weißer Kleidung in den Kamenzer Forst zogen, um eine Belagerung der Stadt durch die Hussiten zu verhindern - erfolgreich. Seit 2021 ist das Kamenzer Forstfest nun auch noch in das  Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden. Grundlage dafür ist ein Übereinkommen der UNESCO, das Deutschland unterschrieben hat. Und bei der UNESCO geht es nicht nur um Kultur, sondern immer auch um Bildung, um inklusive Bildung. Und inklusiv - das ist das größte sächsische Heimat- und Schulfest wirklich nicht.  Am oben beschriebenen Festzug nehmen alle Grundschulen, Oberschulen und das Gymnasium teil, die Förderschulen nicht. Es gib...

Waffenteile in WfbM, Fahrstuhl-TÜV und Kitas ohne Kinder

In dieser Woche war ich in einen fächerverbindenden Unterricht zum Thema "Albert Schweitzer" und seiner "Ehrfurcht vor dem Leben" eingebunden, für die erste der 5. Klassen an unserem Gymnasium. Albert Schweitzer würde am 14. Januar 2025 seinen 150. Geburtstag feiern. Albert Schweitzer Quelle: Wikipedia Oft bin ich überrascht und beeindruckt, was für Ideen und Fragen die Fünftklässler entwickeln: Wäre Albert Schweitzer heute für Inklusion? Welche Einstellung hätte Albert Schweitzer heute zum Ukraine-Krieg? In Zusammenhang mit dem fächerverbindenden Unterricht haben wir auch eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) nicht nur besucht, sondern gemeinsam gearbeitet und beim Gegenbesuch gemeinsam Sport getrieben. Wie finden Sie es, liebe Leserinnen und Leser, dass in einer WfbM eines christlichen Trägers durch Menschen mit Behinderung auch Waffenteile (nach Aussage der Werkstatt nur für den zivilen Gebrauch) hergestellt werden? Wir erfuhren beim Werkstattrundgang auc...

Um was geht es hier eigentlich? oder "Wer Inklusion will, findet Wege. Wer nicht, Begründungen."

Liebe Leserinnen und Leser, in dieser Woche war Vorbereitungswoche. Morgen beginnt das Schuljahr 2023/2024. Also Zeit für uns Pädagoginnen und Pädagogen für Vorbereitung und gegenseitige Fortbildung. Deshalb habe ich gemeinsam mit einer Kollegin über unsere Fortbildung via Erasmus+ in Nizza berichtet: "Designing Inclusive Learning Environments to Support all Students" (Inklusive Lernumgebungen schaffen, um alle Schüler zu unterstützen). Ein Bild, das ich dabei nutzte, war dieses: Das Bild zeigt drei unterschiedlich große Menschen, die hinter einer Absperrung stehen, um ein Ballspiel zu sehen. Alle drei bekommen denselben Kasten, auf dem sie stehen können. Dabei sieht der Kleinste immer noch nichts. Nur wenn der größte Mensch seinen Kasten an den kleinsten abgibt, kann der körperlich Kleinste auch etwas sehen. Im dritten Bild ist die Absperrung durch ein Netz ersetzt und alle können das Spiel sehen. Überschrieben ist dieses Bild mit "Gerechtigkeit". Soll heißen, wenn...