Donnerstag, 17. Dezember 2020

Falsche Richtung oder "Ooops, they did it again."

 

Liebe Leserinnen und Leser,

wenn man sich - so wie ich - mit dem Thema Inklusion beschäftigt, dann landet man oft bei folgenden Fragen:

  • Werden Menschen mit Behinderungen mitgedacht? Können sich Menschen mit Behinderung mit der Außendarstellung identifizieren?
  • Sind die Orte, Informationen und die Umgebung barrierefrei? 
  • Sind Assistenzdienste verfügbar?
  • Werden Menschen mit Behinderung tatsächlich beteiligt (oder nur informiert)?
  • Wird mit Menschen mit Behinderung gesprochen und nicht nur über sie?
  • Haben Menschen mit Behinderung tatsächlich die gleichen Rechte wie Menschen ohne Behinderung?
Probieren Sie es mal aus, wenn Sie eine oder mehrere dieser Fragen zu einem x-beliebigen Thema positiv beantworten können, dann sind die Anbieter auf dem Weg der Inklusion. Andernfalls eben nicht. Dann stimmt die Richtung nicht.

Das wird zum Beispiel immer dann deutlich, wenn ambulante oder selbstorganisierte, selbstbestimmte Angebote nicht die gleiche Anerkennung finden wie Angebote in Einrichtungen. Dann stimmt die Richtung nicht.

Ein Beispiel: der Zugang zu Corona-Antigen-Tests und Schutzmasken steht zwar Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Pflegediensten und Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen zur Verfügung (ob das personell immer gestemmt werden kann, ist eine andere Frage), nicht aber Menschen, die ihre Pflege oder Assistenz selbst organisieren (das ist - by the way - die weit überwiegende Mehrheit der Menschen mit Unterstützungsbedarf), auch wenn sie zur Risikogruppe gehören. Nachlesen kann man das auch bei AbilityWatch oder auch in der ÄrzteZeitung. Immer wieder sind das Erfahrungen, die Menschen mit Behinderungen, die im wörtlichen und im übertragenen Sinn mitten im Leben stehen, machen: sie werden nicht mitgedacht. They did it again, so hat es auch Constantin Grosch formuliert:

They did it again. (Jüngere) Pflegebedürftige Menschen und jene wie ich, die zwar zur hochrisikogruppe gehören, aber...

Gepostet von Constantin Grosch am Dienstag, 15. Dezember 2020
Constantin hat sich übrigens auch darüber Gedanken gemacht, wie Impfzentren barrierefrei arbeiten können und die Essenz möchte ich hier gern weitergeben, auch und gerade als Mensch mit Behinderung und nach überstandener Corona-Infektion:

Zwei-Wege-Kommunikation

Die Terminvergabe sollte nicht nur auf einem einzigen Kommunikationsweg möglich sein, sondern mindestens zwei. 

Informationsmaterial barrierefrei zugänglich

Jede*r sollte selbständig, das heißt aufgeklärt und freiwillig einer Impfung gegen das Coronavirus zustimmen. Das setzt voraus, dass Informationsmaterial in Brailleschrift und Leichter Sprache sowie für Menschen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, angeboten wird. Und selbstverständlich sollte auch ein Gebärdensprachdolmetscher verfügbar sein.

Empathisches Personal

Der Impfstoff wird voraussichtlich erst nach zwei Impfungen wirksam sein. Um die zweite Impfung sicherzustellen, braucht es bereits bei der ersten Impfung einen reizarmen Rückzugsraum und Personal, dass sich Zeit für die Impfung nimmt und auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen eingeht.

Barrierefreie Räumlichkeiten

Mobilitätseingeschränkte Menschen sollten sich unbeeinträchtigt in den Impfzentren bewegen können. Zum Beispiel sollte genügend Platz für Rollstuhlfahrer*innen und Assistenzpersonen im Behandlungsraum sein.

Einheitliche Umsetzung

Für die Umsetzung von Barrierefreiheit in den Impfzentren selbst braucht es eine bundesweit einheitliche Strategie sowie kundige, beauftragte Personen vor Ort. Die Umsetzung sollte nicht dem medizinischen Personal, welches die Impfungen verabreicht, überlassen werden.

Das wären Schritte in die richtige Richtung.

Auch im beruflichen Kontext - innerhalb der Schulsozialarbeit - mache ich immer wieder solche Erfahrungen "Falsche Richtung - they did it again." Aktuell beschäftigt mich, dass Schülern mit Beeinträchtigungen die Schulbegleitung gestrichen wird, weil "kein Schulbesuch stattfindet und es der Grundsatz der Gleichbehandlung gegenüber den anderen Eltern nicht anders zulässt."

Also: diese Aussage (des Jugendamtes) ist in mehrfacher Hinsicht falsch, weil die Schulbegleitung die Beeinträchtigung beim Lernen ausgleichen soll und diese besteht auch während der häuslichen Lernzeit weiter. Und weil in der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen nicht von Gleichbehandlung, sondern von Gleichberechtigung die Rede ist. Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Und weil eine Gleichbehandlung bei ungleichen Ausgangsbedingungen letzten Endes eine Benachteiligung darstellt.

Dass diese ambulanten, inklusiven Unterstützungsformen meist die sind, die als erstes zur Diskussion gestellt werden, das ist für mich (wieder) ein Schritt in die falsche Richtung. Und zeigt einmal mehr, dass während der Pandemie wie unter einem Brennglas deutlich wird, was bei der Inklusion von Menschen mit Behinderungen fehlt: 



Ich wünsche mir besonders zu diesem Weihnachtsfest, dass wir als Gesellschaft endlich anfangen, in die richtige Richtung zu gehen. 

Sonntag, 25. Oktober 2020

Revolution!

 Liebe Leserinnen und Leser,

zu den Highlights in dieser Woche gehörte für mich der Podcast, den ich zusammen mit den Ergotherapeuten Michael Schiewack und Robert Striesow zum Thema Inklusion aufgenommen habe:

Bisher gab es dazu viel positives Feedback (vielen Dank dafür!) und weil wir den wirklich ohne Proben, Überspielen und Schneiden aufgenommen und ins Netz gestellt haben, will ich hier noch ein paar Links nachschicken - zum Verdeutlichen oder einfach zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema:

- Zur Frage der schulischen Inklusion in den einzelnen Bundesländern empfehle ich "Schulische Inklusion in Deutschland 2009-2017. Eine bildungsstatistische Analyse aus Anlass des 10. Jahrestags des Inkrafttretens der UN Behindertenrechtskonvention am 26. März 2019". Dort findet man auf  Seite 8 eine Übersicht, wie gut (oder eben nicht gut) es den einzelnen Bundesländern gelungen ist, die Separationsquoten, also den Anteil der Schülerinnen und Schüler außerhalb des regulären Schulsystems, zu senken. Und da sind 8 Bundesländer besser als Sachsen.

- Zur Verbindung des Nationalsozialismus mit dem System der Sonderpädagogik und dessen fehlender Aufarbeitung schlage ich zum Nachlesen diesen Artikel vor: "Behinderte Aufklärung". Darin findet man unter anderem ein Zitat von Gustav Lesemann, der lange Zeit als Vater der Sonderpädagogik galt: "Solange man sich nicht entschließen kann, zur Zwangsuntersuchung vor der Ehe, zur Sterilisierung tiefstehender Schwachsinniger zu greifen, bleibt die Erziehung so ziemlich der einzige Weg der Fruchtbarkeitsauslese." Die letzte Gustav-Lesemann-(Förder-)Schule wurde 2018 umbenannt.

- Zum Betreuungsrecht und anderen sozialpolitischen Veränderungen, die im Sinne der Inklusion jetzt notwendig sind (oder wären) verweise ich auf eine Broschüre von ambulante dienste e. V., einem Assistenzanbieter in Berlin, der einen hohen Grad an Selbstbestimmung ermöglicht: "Selbstbestimmt leben mit Persönlicher Assistenz". Im Nachwort ab Seite 62 finden Sie dort einen sozialpolitischen Ausblick im Sinne der Inklusion (und ja, die Autorin kenne ich ;)) - z. B. geht es um die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen, die Menschen mit Lernschwierigkeiten bei ihren Entscheidungen unterstützt und diese Entscheidungen nicht einfach ersetzt.

- Und weil Micha im Podcast ein paar interessante Kolleginnen und Kollegen der Ergotherapie benannt hat, tue ich das hier auch noch zum Thema Arbeit für Menschen mit Behinderung: Schauen sie ruhig mal bei stattWERKstatt vorbei, das ist eine Initiative junger Menschen mit Lernschwierigkeiten (sogenannten geistigen Behinderungen) und deren Unterstützer, die um einen Platz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kämpfen oder gekämpft haben und von ihren Erfahrungen berichten. Eine zweite Empfehlung bezieht sich auf JOBinklusive. Dieses Projekt beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Barrieren auf dem Weg zu einem inklusiven Arbeitsmarkt und deckt dabei manchen Etikettenschwindel auf.

Festung Königstein (Quelle: Sachsen Tourismus)

Gestern war ich übrigens in der Sächsischen Schweiz unterwegs und habe dabei einen Abstecher zu einem Pflegeheim gemacht, in dem ich vor meinem ersten Studium gelebt und gearbeitet habe (wenn ich im Podcast erzählt hätte. dass ich meinen 19. Geburtstag im Pflegeheim erlebt habe, hätte ich die ganze Dramaturgie ruiniert 😉). Das Pflegeheim hatte vor 30 Jahren schon 7 Stockwerke und ich war gestern gespannt, was jetzt draus geworden ist. Es heißt jetzt Seniorenzentrum und gehört zu einem privaten Pflegeanbieter mit durchschnittlich 87 Bewohnerinnen und Bewohnern pro Einrichtung. Das sächsische Seniorenzentrum liegt mit Sicherheit über dem Durchschnitt, denn es wird in allen 7 Etagen ausschließlich von alten, pflegebedürftigen Menschen genutzt. (Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn es dort einen Corona-Fall gäbe.)

Micha und Robert haben recht - wir brauchen eine Revolution für mehr Inklusion! Naja, eine breite öffentliche Debatte und ein klares Statement würden fürs erste reichen - wie wollen Sie selbst leben, wenn Sie im Alltag auf Unterstützung angewiesen wären? 

Einen schönen Sonntag wünsche ich!

Samstag, 4. Juli 2020

Helden

Liebe Leserinnen und Leser, aktuell wird immer wieder von den "Helden der Corona-Pandemie" gesprochen. Ich will mich gar nicht darüber auslassen, das einige von ihnen als Anerkennung Applaus von Balkonen, andere einmalige Prämien und wieder andere Milliardenhilfen erhalten. 

Nein, in diesem Post geht es um diejenigen Helden der Pandemie, die viel zu selten genannt werden: Kinder. 

Kinder, die sich plötzlich ihren Tag selbst strukturieren müssen. Kinder, die keinen engen Kontakt mehr zu ihren Mitschülern haben dürfen, Kinder, die zu wenig Bewegung haben. Kinder, die sich nur schlecht selbst motivieren können. Kinder, denen Erklärungen und Rückfragen fehlen. Kinder, die keinen eigenen Internetzugang haben. Kinder, die keinen Anspruch auf eine persönliche Notbetreuung haben, weil diese nur in Grund- und Förderschulen gestattet ist und die weiterführende Schule in meinem Bundesland beginnt, wenn die Kinder z.T. erst 10 oder 11 Jahre alt sind. 

Die Worte Corona, Covid, Virus als Scrabble

Als Schulsozialarbeiterin erlebe ich es aktuell täglich: Corona verstärkt die Schere zwischen den Kindern, die sich selbst gut organisieren können, die ein unterstützendes Umfeld haben und denen, die nicht über diese Ressourcen verfügen. 

Aber das allein ist zu kurz gegriffen. Unter der fehlenden Struktur, der fehlenden Aufmerksamkeit, den fehlenden sozialen Kontakten leiden nicht nur Kinder aus sogenannten "bildungsfernen" Familien oder Kinder mit anderen nicht ganz einfachen Ausgangsbedingungen, sondern tatsächlich alle Kinder. 

Schule ist eben mehr als ein Ort der Wissensvermittlung, obwohl allein schon für diese Rolle während der Pandemie auch alle Eltern zu meinen Heldinnen und Helden zählen. 

Schule ist ein Ort des Austausches, der Struktur, der Motivation, des Sich-Messens, des Rollenlernens, des Modelllernens, der Freude, des Streits, der Rückmeldungen, des Verstehens, der Vorbilder, des Miteinanders und des Voneinander-Lernens.

Die Auswirkungen des Fehlens dieser Erfahrungen sind zum Teil wirklich dramatisch - in einigen Fällen geht es tatsächlich um Leben, Lebensmut und Tod - und es wird viel Zeit und Aufwand unterschiedlichster Menschen und Professionen brauchen, um diese fehlenden Erfahrungen bestenfalls auszugleichen.

Mit diesen Erfahrungen ist es mir unverständlich, wenn ich dann solche Bilder sehe:

Menschenmengen trotz Abstandspflicht am 01. Mai 2020 in Berlin

Oder wenn ich Menschen erlebe, die meinen, es wäre eine Zumutung (oder gar Eingriff in ihre Freiheit), sich an Abstands- und Hygieneregeln zugunsten der Mitmenschen zu halten.

Ich möchte ihnen sagen: Damit wir unseren Kindern möglichst bald wieder alle Erfahrungen mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern im Lern- und Lebensort Schule ermöglichen, sollte es für uns Erwachsene doch selbstverständlich sein, noch ein paar Wochen mit den Abstands- und Hygieneregeln zu leben, oder?!

Denn: Einen zweiten Lockdown können wir Erwachsenen den kleinen Heldinnen und Helden dieser Pandemie wirklich nicht zumuten!


Mittwoch, 1. April 2020

Maßstäbe

Liebe Leserinnen und Leser,

einige von Ihnen wissen schon, dass ich mit der inflationären Nutzung des Wortes "Inklusion" so meine Schwierigkeiten habe...

Neulich ging es bei einer Veranstaltung um schulische Inklusion. Alles, was vorher "Integration" hieß, wurde nun "Inklusion" genannt. Kein Hinweis auf gesellschaftliche Rahmenbedingungen, kein gesamtgesellschaftlicher Ansatz. Dann ist es eben keine Inklusion, sondern immer noch der medizinische, individuelle Blick auf diejenigen, die vermeintlich ein Problem haben. Irgendwann platzte mir (fast) der Kragen und ich bekam zur Antwort: "Wenn ich so denken würde wie Sie, könnte ich meinen Job kündigen.".

Für mich ist das keine Antwort. Behinderung und Inklusion kann für mich nur in Wechselwirkung mit der Umwelt und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gedacht werden, sonst ist es keine.

Und zu diesen Rahmenbedingungen gehört auch, wie über den Wert eines Lebens gedacht oder gesprochen wird.

In Zeiten von Corona wird das vielleicht noch deutlicher. Zunächst wurde überall von den Risikogruppen gesprochen, die besonderen Schutz verdienen - ältere und/ oder behinderte Menschen. Überzeugen konnte mich das nicht wirklich, denn es gab zunächst keine Informationen in Gebärdensprache oder in Leichter Sprache. Die Werkstätten für behinderte Menschen (allein in Sachsen sind dort 17.000 Menschen beschäftigt) sind bis heute nicht komplett geschlossen. In 8 Bundesländern werden dort weiterhin systemrelevante Tätigkeiten ausgeführt. (Kann mir mal bitte jemand erklären, wie eine Rehabilitationseinrichtung ohne Mindestlohn für die Beschäftigten systemrelevante Tätigkeiten ausführen kann?)

Den Großeltern, die nicht in Einrichtungen oder Pflegeheimen leben, wurde mal eben empfohlen, sich nicht persönlich mit ihren Enkeln oder Urenkeln zu treffen, während die Menschen, die in Einrichtungen leben, und ihre Pflege- bzw. Bezugspersonen oft mit dem Ansteckungsrisiko allein gelassen wurden.

Also: Wer wird hier tatsächlich wovor geschützt?

Heute morgen nun las ich diesen Tweet:





Da veröffentlichen mehrere medizinische Fachgesellschaften Empfehlungen, wie bei einer möglichen Knappheit an Intensivbetten im Rahmen der Corona-Pandemie entschieden werden soll, wer eine Behandlung erhalten soll und für wen die Verlegung auf die Palliativstation ausreichend ist. Unglaublich.
Als Entscheidungshilfe wird unter anderem auf die Clinical Frailty Scale verwiesen, bei der "Gebrechlichkeit" ein Kriterium ist. Das Symbolbild für "sehr gebrechlich" ist ein Mensch im Rollstuhl, der geschoben wird. Also sind alle Menschen, die einen Elektrorollstuhl nutzen, sehr gebrechlich und verdienen keine intensivmedizinische Behandlung?

Leistungsfähigkeit als Grundlage für medizinische Behandlung? Soll das wirklich der Maßstab sein?

Für mich fängt damit eugenisches Denken an. Und das ist kein Maßstab für mich (und ich hoffe, für viele andere ebenso nicht).

Zum Abschluss fällt mir dazu ein Zitat von Frau Prof. John ein, die Menschlichkeit und den Schutz der Schwächeren "in einer Welt der Machbarkeit zum wichtigsten Maßstab für eine zivilisierte Gesellschaft" erklärt.

Und jetzt schicke ich diesen Blogbeitrag an die Autoren der klinisch-"ethischen" Empfehlungen.

Sonntag, 15. März 2020

Inklusion und Infektionsrisiko

Liebe Leserinnen und Leser,
Ottmar Miles-Paul, ein Kollege aus der Behindertenrechtsbewegung, den ich schon lange kenne und schätze, schreibt in seinem Artikel "Wenn Visionen Realität werden" zu den aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus auf kobinet-nachrichten.org:


"Sie zeigen, wenn es gewollt wird, bzw. notwendig ist, sind Veränderungen möglich, die man zum Teil nicht einmal zu denken gewagt hat."

Bezogen auf die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen hat Ottmar folgende Wünsche und Fragen, die ich hier noch einmal teilen möchte:

"Kann Barrierefreiheit vielleicht wirklich mal zum Standard werden und können bestehende Barrieren gezielt abgebaut werden, weil sich mehr Menschen darüber bewusst werden, was diese für sie bewirken? … Schaffen wir es, dass an ... Aktivitäten auch diejenigen barrierefrei mitwirken können, die behinderungsbedingt oder aus finanziellen Gründen einen solchen Aufwand nicht schaffen? …
Vielleicht bietet diese Krise, die sehr viele Menschen gesundheitlich, wirtschaftlich und sozial massiv trifft, auch Chancen für eine andere Art und Weise in dieser Welt und mit anderen inklusiv und barrierefrei zusammen zu leben, zusammen zu arbeiten, zusammen die Freizeit zu verbringen, zusammen etwas zu bewegen und zusammen dafür zu sorgen, dass es uns allen besser geht?"
Ich möchte diesen Wünschen noch einen Gedanken hinzufügen: 
Vielleicht ist diese Krise auch ein Anlass dafür, darüber nachzudenken, ob die immer noch bestehenden Einrichtungen, in denen z. T. Hunderte von Menschen mit Beeinträchtigungen miteinander wohnen oder auch arbeiten und unter sich bleiben, auch aus Gründen des Infektionsrisikos nun endlich durch kleinere, familienähnliche, inklusive Einheiten in einer barrierefreien Umwelt ersetzt werden.


Seifen - Quelle: pixabay


Denn: Klar, es gibt ein Ansteckungs- und Infektionsrisiko in öffentlichen Räumen. Noch mehr gefährdet sind allerdings Menschen, die in Einrichtungen wie Pflegeheimen und Werkstätten für behinderte Menschen sowie Wohnheimen für Menschen mit Behinderung leben oder arbeiten.

Ganz konkret: 2015 gab es in Deutschland immer noch über 2200 Pflegeeinrichtungen, in denen mehr als 100 pflegebedürftige Menschen unter einem Dach lebten.

Im Bereich der Menschen mit Behinderungen stieg sowohl die Zahl der Kinder wie auch der Erwachsenen, die in stationären Einrichtungen leben, seit 2008 sogar noch an. 
In Zahlen: zwischen 2008 und 2014 stieg die Zahl der Menschen, die in stationären Wohnreinrichtungen der Eingliederungshilfe lebten, um 16 Prozent von 167.161 auf 193.770 Personen. 
Auch die Zahl der Kinder, die Eingliederungshilfe in stationären Wohneinrichtungen erhielten, stieg zwischen 2008 und 2014 um 29 Prozent auf 12.995.
Fazit: Trotz des Trends hin zum ambulanten Wohnen ist es bundesweit also nicht gelungen, Plätze in stationären Einrichtungen abzubauen.  Und in all diesen Einrichtungen ist das Infektionsrisiko ungleich höher.

Liebe Leserinnen und Leser, falls Sie also in den kommenden Tagen und Wochen verstärkt über Infektionsrisiken nachdenken - Inklusion und Barrierefreiheit senken das Infektionsrisiko.

(Dasselbe gilt übrigens auch für den Brandschutz - hier nachzulesen...)


  

"Heute Nachmittag Café Klostertor?"

Liebe Leserinnen und Leser, "Heute Nachmittag Café Klostertor?", war die Reaktion meiner Schulleitung, als ich ihr in dieser Woche...