Mittwoch, 31. Juli 2013

Warten auf Teilhabe

Heute soll der Teilhabebericht‬ des Bundes erscheinen, der schon für Februar 2013 geplant war:

Das fand nicht statt und sollte während der Inklusionstage im Juni nachgeholt werden:

Sollte. Wieder kein Bericht.

Und heute? Ich hab da so eine Vorahnung. Zum Beispiel die, dass es keine Erklärung geben wird, wieso es zu dieser Verzögerung gekommen ist.

Also, wer den Bericht zuerst findet, ich freue mich über einen Link.

Vielen Dank!

Mittwoch, 24. Juli 2013

"Wir müssen uns wieder dran gewöhnen, gemeinsam zu leben."

Liebe Blogleserinnen und Blogleser,

hier empfehle ich einen Beitrag des WDR, der nicht ganz neu ist, aber trotzdem gut, ein Interview mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen über Inklusion und politische Korrektness und den Wunsch, Behinderungen zu heilen.

Mein Lieblingszitat aus dem Beitrag ist deshalb: "In der Schule mit Förderschwerpunkt Sehen kann keinem blinden Kind das Sehen beigebracht werden." Stimmt. ;)

Ihnen einen bildreichen Tag!

Drehtag

Gestern war ich beim Dreh mit der Deutschen Welle dabei: Interviews und Diskussion über Deutungshoheiten, Ängste, Macht, Proteste im Wandel, menschliche Werte und darüber, wie die gemeinsame Erfahrung der Exklusion Menschen verbinden kann. Ausgestrahlt wird der Spot übernächste Woche. Ich freu mich drauf!


Samstag, 20. Juli 2013

Etikettenschwindel - Warum "Inklusion einfach leben" nicht funktioniert

Liebe (Nicht)-Wähler*innen,

manchmal ist es schwer, mit Themen wie der inklusiven Gesellschaft und #Barrierefreiheit zu kandidieren.

Warum? Weil diese Themen gesellschaftlich nicht wichtig genug sind, so scheint es manchmal.

Zwei Beispiele: In diesem Monat hat sich die Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz getroffen und einen Entwurf der Beherbergungsstättenverordnung diskutiert.

Als Standard wird 1% der Zimmer barrierefrei für Rollstuhlnutzer*innen sein. D. h. wenn nur zwei Rollstuhlfahrer gleichzeitig verreisen wollen, muss die Herberge mindestens 200 Betten haben.

Eine Tagung, an der mehrere Rollstuhlfahrer teilnehmen sollen, bleibt somit weiter auf die wenigen Orte und Hotels beschränkt, die mehrere barrierefreie Zimmer anbieten.

Was hat das denn mit #Inklusion zu tun?

Zweites Beispiel: In der neuen Broschüre zu Patientenrechten, die das Gesundheitsministerium herausgegeben hat, spricht man von einer Behinderung nur im Zusammenhang mit Behandlungsfehlern, die zu vermeiden sind. Darüber, dass Tausende behinderter Menschen von Präventionsangeboten ausgeschlossen sind, weil es kaum barrierefreie Arztpraxen und Untersuchnungsmöbel gibt, kein Wort. Und wie war das mit "Behinderung als Teil menschlicher #Vielfalt"?

Politiker*innen reden gern von Teilhabe und darüber, dass man Inklusion doch einfach leben solle, aber ohne eine entsprechende Infrastruktur kann es keine #Teilhabe oder Bürgerbeteiligung geben.

Behinderte Menschen kommen in der Politik kaum vor, behinderte Frauen noch weniger. Und das will ich ändern.

Mir ist Inklusion wichtig, und zwar nicht nur als Etikett, sondern untersetzt mit Menschen, (Infra)Strukturen, mit gesetzlichen Vorgaben, verbindlichen Standards.

Deshalb freut es mich umso mehr, dass ich bald "an der Laterne hängen" werde:


Ihre Ulrike Pohl

Freitag, 19. Juli 2013

Recht auf Privatsphäre - wann gilt das auch in deutschen Pflegeheimen?

Heute lese ich in den kobinet-Nachrichten, dass 2013 auch immer noch über das Recht auf Einzelzimmer gestritten wird.

Das macht mich wütend. Wir reden über Selbstbestimmung und Inklusion - und dann gestehen wir Menschen mit Assistenzbedarf nicht mal ein Recht auf Einzelzimmer zu?

In vielen Ländern geht man seit Jahrzehnten ganz andere Wege: Dänemark hat einen Baustellenstopp für Heime und auch in Norwegen gibt es seit 1991 ein Gesetz, das gewährleistet, dass kein Mensch mit Lernschwierigkeiten mehr in einem Heim leben muss.

Recht auf Privatsphäre, in diesen Zeiten aktueller denn je, wann gilt dieses Recht auch in Pflegeheimen und für Menschen mit Assistenzbedarf?

Wenn Sie mögen, hören Sie dazu auch die Rede von Theresia Degener auf der 1. Disability & Mad Pride Parade in Berlin:



Mittwoch, 17. Juli 2013

Gefördert und beraten?


Behinderung und Beruf
Heute wird der Jahresbericht 2012 des Landesamts für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) vorgestellt.

Der von 2011 ist hier. Die Zahlen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Verwendung der Ausgleichsabgabe sind ab Seite 63ff. zu finden.



Meine Frage deshalb heute an alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber: Fühlen Sie sich, so wie im Bericht angegeben, tatsächlich umfassend gefördert und beraten in Bezug auf die Einstellung schwerbehinderter Menschen? Wussten Sie zum Beispiel, dass während der Probezeit der Kündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer nicht gilt? Und kannten Sie alle Fördermöglichkeiten, die auf Seite 65 angegeben sind? Und kennen Sie diese Broschüre? Eine Zusammenfassung der Fördermöglichkeiten ist hier nachzulesen.

Sonntag, 14. Juli 2013

Macht, Moral und Madness

14. Juli 2013 - Nationalfeiertag in Frankreich.
Für uns  Deutsche sollte es ein Gedenktag sein. Gedenken an den 80. Jahrestag, an dem das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" verabschiedet wurde. Damit konnte die Aktion T4 beginnen, die Ermordung von 70.000 Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen in der Zeit des Nationalsozialismus.
Dass das Gedankengut der "Erlösung vom Leiden" und Kostenrechnung über Menschen auch heute noch immer existiert, darüber habe ich in meinem letzten Post zum Baubeginn des T4-Gedenkortes in Berlin berichtet. T4 - der Name der Euthanasie-Aktion bezieht sich übrigens auf den Ort, an die Ermordung geplant wurde, in der Tiergartenstr. 4 in Berlin.

Für Gutachter, die gut auf Stärken achten
Seit Jahrzehnten setzen sich deshalb Menschen mit und ohne Behinderung für einen anderen Blick auf Behinderung ein: Behinderung als Teil der menschlichen Vielfalt, behinderte Menschen als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger, für Respekt, Toleranz und das Menschenrecht Teilhabe. Seit zwanzig Jahren demonstrieren deshalb Menschen auf der ganzen Welt in einer Pride Parade, um
  • den Blick auf Behinderung zu verändern
  • die Scham und Unsicherheiten zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen und Verrücktheiten abzubauen
  • für eine Gesellschaft zu werben, in der Behinderung und/oder Verrücktheit Teil der menschlichen Vielfalt sind und
  • für eine Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderungen auf sich stolz sein können.
    Werkstätten für behinderte Menschen = WfbM
In diesem Jahr fand die Parade zum ersten Mal in Deutschland statt und Therese Lehnen und ich waren dabei. Ganz besonders gefreut hat mich, Theresia Degener hören zu können, jetzt Mitglied des Auschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen beim Hochkommissariat für Menschenrechte in Genf und eine der ganz Großen der Behindertenbewegung. Sie sprach unter anderem darüber, dass Mitleid weniger mit Güte zu tun hat, sondern mehr mit Macht und Moral und Leben in Parallelwelten weniger mit Fürsorge, denn mit Abschiebung (und auch das ist eine Machtfrage, nebenbei bemerkt).

Andere Redner*innen sprachen über Stigmatisierungen aufgrund von Psychiatrieerfahrungen, auch vor dem Hintergrund der Vorgänge am Neptunbrunnen, und über den ethischen Druck, dem künftige Mütter und Väter ausgesetzt sind, die ein behindertes Kind erwarten.

"Leben ist unvorhersehbar", sagte eine Teilnehmerin. Lasst es uns feiern und stolz auf uns sein, so wie wir sind!

Donnerstag, 11. Juli 2013

Von Erlösungsfantasien und Kostenrechnungen

Kranz
Kranz zum Gedenken
Liebe Webseitenbesucher,

Matthias Vernaldi hat einen Beitrag geschrieben zum Baubeginn der T-4-Gedenkstätte zum Gedenken an die Euthanasieopfer. Und er beschließt seinen Kommentar mit einem Eindruck, den ich auch schon bei einigen Veranstaltungen hatte: "Eine erweiterte Rednerliste um einen Menschen mit einer Behinderung hätte der Feierlichkeit übrigens gut angestanden. Unsereins muss wahrgenommen werden, nicht erst, wenn er zum Opfer geworden ist."

Unbedingt lesenswert.

"Heute Nachmittag Café Klostertor?"

Liebe Leserinnen und Leser, "Heute Nachmittag Café Klostertor?", war die Reaktion meiner Schulleitung, als ich ihr in dieser Woche...